Endlich mehr Gehalt.

Wer sich in Melanies Friseurstuhl setzt, bekommt mehr als nur einen gewöhnlichen Haarschnitt. Er oder sie kommt in den Genuss von Zeit in Kombination mit  Konzentration. Es gibt heute nicht viele Friseure oder Stylisten, die sich das leisten können. Melanie Hunger, 28 Jahre alt, aus Berlin, kann dies mittlerweile.

Nach der elften Klasse verließ sie die Schule – "ich war einfach zu aufgedreht und unkonzentriert" – und entschied sich dann für eine Ausbildung zum Friseur. Innerhalb von zweieinhalb Jahren erlernte sie Schnittmuster, Farbsysteme und verschiedenste Färbemethoden. "Meine Ausbilderin war sehr autoritär, da hatte ich nichts zu lachen oder zu faulenzen und daher wurde ich sehr diszipliniert ausgebildet", sagt Melanie.

Die zierliche Frau flitzt durch das helle Studio-Loft in Berlin, serviert Kaffee, von hohen Decken hallt Lounge-Musik. Dann widmet sie sich Haaren und Haut. Kreativität, handwerkliches Geschick und der Kontakt zu Menschen: Der Beruf des Friseurs vereint, wonach sich beruflich viele sehnen, dennoch  ist der Job-Alltag hart  und hat einen eher schlechten Ruf.

(Gehalt bitte Online prüfen)

Friseurlehrlinge werden so schlecht bezahlt, dass viele den Beruf wohl kaum wegen der Bezahlung ausüben. Er ist eine Berufung. Allerdings ist es nun endlich erhöht worden auf rund 515 Euro im ersten Lehrjahr, wenn der Betrieb sich an den Tarif hält. Dagegen verdienen angehende Dachdecker oder Einzelhandelsverkäufer im Vergleich mehr als das Doppelte. Jeder zweite Friseur-Azubi bricht  im Durchschnitt seine Ausbildung ab, das geht aus dem Berufsbildungsbericht 2018 hervor (Bundesbildungsministerium).

Dinge, die man nur kennt, wenn man Friseur oder Friseurin ist

Von ihrem Gehalt konnte sich Melanie nicht mal eine eigene Wohnung leisten, sagt sie. "Ich habe es geliebt, das Handwerk des Haareschneidens zu erlernen, aber schon während der Ausbildung merkte ich, dass mir der Beruf als Friseurin allein wahrscheinlich weder ein finanziell abgesichertes noch gesundes Leben ermöglichen wird." Ein angestellter Friseur verdient in der Regel nicht mehr als 1300 Euro netto.

Warum wollte sie trotzdem in diese Branche bleiben? Wie hat sie es geschafft, einen Weg zu finden, mit dem sie gut leben kann? Es ist so: Wegen der eher schlechten Bezahlung entscheiden sich viele angehende Friseure direkt nach der Ausbildung, auch noch den Meisterbrief zu machen. Mit diesem dürfen sich Friseure selbstständig machen, einen Friseurstuhl in einem Salon anmieten oder sogar einen eigenen Salon eröffnen. So schreibt es die Deutsche Handwerksordnung vor.

Selbständig mehr verdienen

Der eigene Salon und die Selbstständigkeit sind zwei der wenigen Möglichkeiten in dem Job, mehr Geld zu verdienen. Doch dieses System ist längst veraltet. In anderen Handwerksbereichen wurden die Regelungen bereits aufgelockert: Ein Tischler darf zum Beispiel seit 2014 auch ohne Meisterbrief sein eigenes Unternehmen gründen.

"Ein Meisterbrief macht dich nicht direkt zu einem besseren Friseur", sagt Melanie. Außerdem könne  der Meister bis zu 6000 Euro kosten und über drei Jahre andauern.  Und so entschied sich Melanie letztendlich dagegen, eine Vollzeit-Friseurin zu werden. Stattdessen absolvierte sie eine weitere Ausbildung zur Hair- und Make-up-Stylistin und hatte die Chance, diese beiden Bereiche zu kombinieren.

Von der Friseurin zur Hair- und Make-up-Stiylistin

In der Ausbildung zur Hair- und Make-up-Stylistin setzte sie sich mit mehr als nur den Haaren auseinander. Sie lernte, Hauttypen zu analysieren, dazu Gesichtsformen zu modellieren oder Looks zu bestimmten Gelegenheiten wie Galas, Fashion Shows oder Hochzeiten zu entwerfen.

Durch die Weiterbildung war sie in der Lage, völlig neue Charaktere zu kreieren: "Und ich wurde natürlich sehr viel flexibler einsetzbar in meinem Bereich. Zum Beispiel für Werbeproduktionen, Mode Shootings, TV, Film, Fashion-Shows", sagt sie.

Während dieser zweiten Ausbildung besuchte sie unter der Woche eine Schule und am Wochenende arbeitete sie in verschiedenen Friseursalons, um genug zu verdienen, damit sie sich ihre weitere Ausbildung finanzieren konnte. Hätte ihr Vaters sie jedoch nicht zusätzlich unterstützt, wäre die Zusatzausbildung gar nicht erst möglich gewesen. Zwischendurch arbeitete sie auch in einem Schuhladen, um noch besser abgesichert zu sein.

Sie hatte sehr viel zu tun: "Diese anstrengenden Zeiten des Jobbens zerstörten mir den Spaß am Haareschneiden immer mehr. Ich hatte keine Lust mehr, im Akkord Haare abzuschneiden. Ich verlor so langsam die Leidenschaft für diesen Beruf", sagt sie. Trotzdem: Melanie blieb Ihrem Traum treu und hielt durch.

Heute steht sie in dem Studio-Salon in einem Kreuzberger Hinterhof, den sie sich mit acht Meister-Friseuren und Stylisten teilt. Zwei bis drei Tage arbeitet sie hier und die restliche Woche ist sie auf Shootings oder Veranstaltungen unterwegs.

Vielseitiger Joballtag dank Weiterbildung

"Ich genieße es, dass ich mir als Selbstständige meine Woche frei einteilen zu können." Von ihrem Gehalt kann sie mittlerweile sehr gut leben. Doch sie brauchte über fünf Jahre, um mit ihrem Beruf Frieden schließen zu können. Sie musste die Idee, als klassische Friseurin zu arbeiten, loslassen, und sich dafür entscheiden, das Haareschneiden mit Make-up und Styling zu kombinieren.

"Für mich sind Haareschneiden und Stylen eine besondere Art der Kunst", sagt sie. "Es ist wie eine Meditation, wenn du Zeit und Ort vergisst und wie ein Bildhauer durch das Kürzen verschiedener Längen Stück für Stück eine individuelle Form kreierst", sagt sie.

Das Problem der Wertschätzung des Haareschneidens sieht Melanie nach wie vor in der geringen Bezahlung. "Im Ausland sieht das anders aus." In Australien oder den USA würden Friseure wesentlich besser entlohnt. "Es ist wichtig, dass das Haareschneiden wieder als kreatives Handwerk anerkannt und gerecht bezahlt wird."

Hier findest du Stellenangebote – auch in deiner Stadt. www.friseurjobagent.de/jobangebote

Bitte stimmen Sie der Cookie Verwendung, zu Ermöglichung bestimmter Funktionen und zur Verbesserung unseres Angebotes zu. Informationen Cookies/­Datenschutz Ich stimme zu

Nachricht hinterlassen
SPEVER Support

Hinterlassen Sie eine Nachricht. Wir werden uns in Kürze bei Ihnen melden.